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Suspektes Angebot: Wie kann der Sneaker von Lidl 15 Franken kosten? Darum gehts Bewusstes Einkaufen

Suspektes Angebot: Wie kann der Sneaker von Lidl 15 Franken kosten? Darum gehts Bewusstes Einkaufen

Suspektes Angebot: Wie kann der Sneaker von Lidl 15 Franken kosten? Darum gehts Bewusstes Einkaufen

Publiziert

Der Discounter verkauft einen Schuh zum Tiefpreis. Leser von 20 Minuten glauben, dass das nur mit Kinderarbeit und schlechter Qualität möglich ist. Lidl und ein Textilexperte klären auf.

von
Dominic Benz

Lidl hat einen eigenen Sneaker im Angebot. Diesen lancierte der Discounter vergangenen Donnerstag – für 15 Franken. Auf die bunten Treter gab es einen riesigen Run. Innert Stunden waren in den Lidl-Filialen alle Sneaker weg.

Vielen Lesern ist der tiefe Verkaufspreis aber mehr als nur suspekt. Sie vermuten schlechte Qualität oder miese Arbeitsbedingungen bei der Produktion. Anders sei so ein Preis gar nicht möglich. Was ist dran? 20 Minuten hat die Leser-Kommentare Lidl und Tobias Meier, Textilexperte beim Nachhaltigkeits-Beratungsunternehmen Ecos und Präsident des Verbandes Swiss Fair Trade, vorgelegt:

Kinderarbeit

Das sagt Leser Pecem: Diese Preis ist einfach unglaublich. Wo werden denn die Schuhe hergestellt? Wer das kauft, riskiert, Kinderarbeit zu unterstützen.

Das sagt der Experte: Leider gibt es viele externe Kosten wie Arbeitsbedingungen und Umweltbelastungen, die die Anbieter nicht tragen müssen. Es ist vergleichbar mit dem Fashion-Bereich. Bei einem Sneaker, der 15 Franken kostet, gibt es sicherlich innerhalb der Wertschöpfungskette Akteure, die einen Preis dafür bezahlen müssen. Kinderarbeit steckt eher nicht hinter einem solch billigen Produkt.

Das sagt Lidl: Der Schuh wird in China hergestellt. Wir führen bei allen Non-Food-Lieferanten Kontrollen durch, die neben Arbeitsschutz und Sicherheit den Ausschluss von Kinder- und Zwangsarbeit garantieren.

Arbeitsbedingungen

Das sagt Leser Just Saying: Fragt sich eigentlich jemand, unter welchen Arbeitsbedingungen ein 15-Franken-Schuh hergestellt wird?

Das sagt der Experte: Es ist wie bei den Kleidern: Bei T-Shirts zu einem Verkaufspreis von 5 Franken kann man sicher sein, dass jemand darunter leidet – Arbeiter oder Umwelt oder wahrscheinlich beide. Aber auch bei einem T-Shirt über 50 Franken hat man überhaupt keine Garantie, dass alles sauber läuft. Ein Sneaker für 15 Franken dürfte mit dem 5-Franken-T-Shirt vergleichbar sein.

Das sagt Lidl:Wir sind Teil einer Initiative, die sich für faire Geschäftspraktiken entlang der Lieferkette einsetzt. Darüber hinaus unterliegen Lidl-Lieferanten dem Lidl Code of Conduct und verpflichten sich damit zur Einhaltung und Umsetzung von sozialen Mindeststandards. Zu diesen gehört unter anderem, dass Lidl grundsätzlich jegliche Form von Arbeitsrechtsverletzungen bei der Herstellung seiner Ware ablehnt.

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Marktmacht

Das sagt Leser Nachdenklich: Lidl nutzt seine Marktmacht aus und drückt den Preis bei den Produzenten.

Das sagt der Experte: In der Textil- und auch in der Schuhproduktion ist die Konkurrenz riesig, gerade in der heutigen Zeit. So hat der Nachfrager eine grosse Macht und kann auf die Lieferkette Druck ausüben. Wenn man eine Ausschreibung für 50’000 Stück macht, erhält man Offerten. Mit diesen kann man die Akteure ausspielen und noch tiefere Preise verlangen.

Das sagt Lidl: Wir profitieren natürlich auch von unserem internationalen Lidl-Einkaufsnetz, können in grossen Mengen einkaufen und geben Preisvorteile 1:1 an unsere Kunden weiter.

Marketing

Das sagt Leser Anonym: Denkst du echt, dass all die Adidas, Nike und Puma teurer sind in der Herstellung? Du bezahlst 80 bis 90 Prozent für den Namen und das Marketing.

Das sagt der Experte: Bei vielen Marken fliesst ein grosser Teil des Produktpreises ins Marketing, in die Werbung und ins Sponsoring. Das sind vielleicht 30 bis 50 Prozent. Es kann schon sein, dass der Lidl-Sneaker in der Produktion nicht teurer ist als ein Marken-Sneaker.

Das sagt Lidl:Der Preis orientiert sich an unserem üblichen Preis-Range für Sneaker in der Schweiz. Wir können so günstig sein, weil wir generell auf Einfachheit und effiziente Prozesse setzen.

Produktion

Das sagt Leser Kopfnicker: Das Schlimme ist, dass der 200 Franken teure Sneaker von Nike vermutlich in derselben Fabrik produziert wird.

Das sagt der Experte: Es kann sehr wohl sein, dass die Produktionsstätten dieselben sind. Bei den Textilien ist das ja auch oft der Fall.

Das sagt Lidl:Alle unsere Non-Food-Lieferanten sind auf unserer Website transparent abrufbar. Lidl Schweiz nimmt seine Verantwortung gegenüber den Arbeiterinnen und Arbeitern in der gesamten Wertschöpfungskette sehr ernst.

Qualität

Das sagt Leser Francoisbiker: Ich habe den Lidl-Sneaker nicht gekauft. Er kam mir zu billig rüber. Der Tragekomfort hält höchstens für einen Tag.

Das sagt der Experte: Eine Topqualität kann es zu diesem Preis nicht sein, weil bei den Materialien auch gespart werden muss. Aber es muss nicht unbedingt sein, dass ein grosser Unterschied zu anderen Produkten besteht. Schlecht bezahlte Näherinnen arbeiten meistens genauso genau wie gut bezahlte. Grundsätzlich haben wir heute bei Fashion und anderen Produkten das Problem, dass der Preis entscheidend ist und nicht unbedingt die Qualität.

Das sagt Lidl: Wir haben bereits viele positive Kundenrückmeldungen erhalten, die den Sneaker als bequem und angenehm zu tragen beschreiben. Vielen Kunden waren vor allem das spezielle Aussehen und die Einzigartigkeit wichtig. Darum wurde dieser Schuh auch überhaupt erst produziert.

Der tiefe Preis der Lidl-Schuhe lässt beim Textilexperten Tobias Meier die Alarmglocken läuten. «Ich glaube nicht, dass man mit gutem Gewissen zugreifen kann.» Er empfiehlt, bewusst einzukaufen. Dabei soll man auf Labels achten und sich fragen, unter welchen Bedingungen die Schuhe hergestellt wurden. «Es gibt einige Sneaker, die in dieser Hinsicht sehr gut sind, etwa Ethletic oder Veja», so Meier.

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