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Paartherapie: Wann ist sie sinnvoll? | BRIGITTE.de

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von OskarHolzbergLiebe ist die Antwort auf alle Fragen? Nicht ganz. Sie stellt auch ziemlich viele. Diesmal beantwortet Psychologe und Paartherapeut Oskar Holzberg die Frage: Ist es für eine Paartherapie nie zu früh?

Ja - denn Paare gehen meistens zu spät zur Paartherapie. Und nein - denn vor dem Traualtar hat eine Therapeutin oder ein Therapeut nichts zu suchen.

Es gibt einiges zu beachten

Die Eheleute D. sind das, was Paar-Profis "hochstrittig" nennen. Sobald er zu sprechen beginnt, unterbricht sie ihn verärgert: Was er sage, beweise doch gerade wieder nur, wie gefühlskalt und rücksichtslos er sei. Umgekehrt fällt auch er ihr sofort ins Wort und wirft ihr lautstark vor, dass sie wieder mal die Wahrheit verdrehe und es so alles gar nicht gewesen sei.

Sie sind eines dieser Paare, die überhaupt nicht mehr miteinander sprechen können, weil beide von Wut, Verzweiflung und verletzten Gefühlen überflutet werden. Auf meine Frage an solche Paare, wann die Streitigkeiten begonnen haben, erfahre ich meist, dass das schon Jahre her ist. Es fing an, als sie sich mit den Kindern alleingelassen fühlte, oder als ihn ihr heißer Flirt mit dem Klavierlehrer so verletzt hat.

Paare kommen oft zu spät in die Paartherapie. Weil es lange schwer ist, sich einzugestehen, allein nicht weiterzukommen. Und weil bei streitbaren Paaren alles zum Konflikt wird: Regt einer an, sich Hilfe von außen zu suchen, verweigert der andere das. Wäre es also eine gute Idee, wenn Paare eine Therapie für ihr Beziehungsleben machten, bevor es überhaupt Probleme gibt - vorbeugend sozusagen? Paartherapie wie der alljährliche Gesundheits-Check-up bei der Hausärztin?

Natürlich ist es gut, wenn wir Paarprozesse, Kommunikation und emotional intelligentes Verhalten verstehen. Dazu gibt es unendlich viel Literatur und zahllose Kurse. Es kann auch tatsächlich helfen, präventiv einen Profi aufs Beziehungsleben schauen zulassen, um mögliche Konflikte zu entdecken, bevor sie eskalieren. Aber das ist keine Paartherapie. Und längst auch nicht jedes Paar kommt in die Situation, dass es eine braucht.

Wenn wir die Schwachstellen unserer Liebesbeziehung lieber sofort auf die Therapiecouch legen wollen, bevor es vermeintlich zu spät ist, tappen wir auch in eine Falle. Denn im schnellen Ruf nach dem Beziehungsexperten verbirgt sich die Botschaft, dass eine perfekte Partnerschaft möglich ist - wenn wir nur alles richtig machen.

Man muss immer Kompromisse eingehen können

Aber das ist eine Illusion. Kein Partner ist die verkörperte Erfüllung all unserer Beziehungssehnsüchte. Keine Liebe wird ohne Enttäuschung weiterleben. Jedes Paar muss um Lösungen und Kompromisse ringen. Muss lernen, nach Konflikten wieder aufeinander zuzugehen und schwierige Gefühle miteinander zu teilen. Da kann eine Therapie helfen. Aber wir müssen auch unsere Unzulänglichkeiten und die des Gegenübers annehmen und anerkennen, dass es auf Erden keinen ungetrübten Liebeshimmel gibt. Nur gute Beziehungen, in denen wir zwar resigniert seufzend Abschied von unseren Glücksträumen nehmen, aber wissen, dass wir dafür mit Geborgenheit im Miteinander belohnt werden. Ein Sich-Fügen und Zufriedengeben, um zufrieden zu werden. Diesen inneren Reifungsprozess kann uns niemand abnehmen.

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Eine Anregung habe ich aber, damit Paare nicht zu spät zur Therapie gehen: Warum nicht in den guten Zeiten unserer Beziehung vereinbaren, dass es reicht, wenn einer von uns eine Paartherapie unumgänglich findet - damit wir sie dann gemeinsam machen.

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Paartherapie: Was ist das?

Eine Paartherapie und Eheberatung sind Therapieformen, in denen Partner und Partnerinnen mit Therapeut:innen offen über alle Probleme in der Partnerschaft reden können. Die Therapeut:innen bleiben dabei unparteiisch, fühlen sich aber in beide Positionen ein. Wenn man zu zweit nicht mehr weiterkommt, wird zusammen an einer Lösung gearbeitet, die für alle Parteien angenehm ist.

Viele Menschen sehen in der Paartherapie den Anfang vom Ende. Doch nur weil man sich in der Partnerschaft ein Problem eingesteht, an dessen Lösung man nicht allein arbeiten kann, heißt es noch lange nicht, dass die Beziehung als verloren gilt. Es zeugt als Paar von Stärke, sich Probleme einzugestehen und sich professionelle Hilfe zu suchen.

Wie kann die Beziehung von einer Paartherapie profitieren?

Die Paartherapie ist sinnvoll, wenn sich Konflikte festgefahren haben und das Verständnis für den oder die Partner:in abhandengekommen ist. Therapeut:innen versuchen nicht nur bestehende Probleme zu lösen, sondern filtern auch positive Aspekte der Partnerschaft heraus, die das Paar vor lauter Problemen nicht mehr wahrnimmt.

Nicht nur die Beziehung zwischen den Partner:innen kann durch eine Paartherapie verbessert werden. Sie kann sich auch positiv auf den Lebensalltag, die Familie und die psychische Gesundheit auswirken. Ähnlich wie bei der Psychotherapie profitieren alle Lebensbereiche durch Gespräche und Tipps mit und von Psycholog:innen.

Das übergeordnete Ziel der Paartherapie ist nicht, die Beziehung auf Brechen und Biegen zu retten. Vielmehr werden die verschiedenen Standpunkte, Ziele und persönlichen Bedürfnisse geklärt. So lernen Paare ihr Gegenüber neu kennen und zu verstehen. In den meisten Fällen schöpfen sie aus diesen Erkenntnissen Kraft, sich nicht zu trennen, sondern Energie in die Beziehung zu investieren.

Was kostet eine Sitzung in der Paartherapie?

Die Kosten einer Paartherapie lassen sich bei professionellen Therapeut:innen zwischen 80 und 120 Euro pro Therapiestunde einordnen. Dabei ist zu beachten, ob die Sitzungen 60 Minuten oder 90 Minuten betragen.

Wie lange dauert eine Paartherapie?

Bei einer großen Bereitschaft zu Veränderungen reichen meist sechs bis acht Sitzungen in einer Paarberatung aus. Therapeut:innen liefern wichtige Impulse, doch den größten Beitrag leistet das Paar im Alltag.

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Verwendete Quellen: partnerschaft-lernen.de, partnerschaft-beziehung.de

Brigtte 10/2019 Brigitte
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